Milchpilz – der Milchverbrauchswerber 

Die Milch hat für Waldner schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Für das weiße Gold aus dem Allgäu hat sich der damalige Firmenchef Anton Waldner einiges einfallen lassen. Über eine seiner kuriosen Ideen berichten wir heute. Ein Blick in die Waldner Geschichte, die aber bis zum heutigen Tag Bestand hat.

Milchpilz

Für ganze Generationen in Wangen war er unverzichtbar: Der Milchpilz. Ein Kiosk in Pilzform - mit weißgepunkteter roter Ballonseide als Dach. Wollte man sich verabreden oder treffen – vor allem in Zeiten, in denen es noch keine Handys gab, hieß es: „Treffpunkt um sieben Uhr am Milchpilz“ und jeder wusste Bescheid.  

Als markantes Zeichen war er aber nicht nur in Wangen Blickfang, Orientierung, Kiosk, Messestand oder Treffpunkt für Jung und Alt. Rund fünfzig dieser gepunkteten Verkaufshäuschen wurden in den 50er-Jahren bei Waldner gebaut und unter anderem nach Österreich, Benelux, Italien und in die Schweiz verkauft. Selbst in Griechenland, auf antiker Erde, schoss ein Wangener Pilz aus dem Boden. Obwohl, wie Pilzsammler wissen, die Pilzsaison normalerweise recht kurz ist, haben von den Waldner Milchpilzen bis heute einige überlebt: so können beispielsweise in Wangen oder in Bregenz, in Lindau, Regensburg oder Borgolzhausen noch Prachtexemplare davon bewundert werden.   

Im Nachkriegsdeutschland sollten Milch und Milchprodukte als wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung der Bevölkerung nahegebracht werden. Anton Waldner sah mit seiner Geschäftsidee, die ganz auf Milch gesetzt hatte, auch darin eine Chance, eigene Produkte für diesen Zweck zu entwickeln und zu vermarkten. Wie sagt man: Das eine bedingt das andere. Da kam die Idee des Milchpilzes gerade recht. Die ersten Milchkioske und -bars entstanden, und natürlich war Waldner mit ganzem Elan dabei. Komplette Milchbars und Milchgaststätten wurden konzipiert, gebaut und eingerichtet, und zwar nicht nur mit dem Mobiliar, sondern mit allem, was dazu gehört – vom Kühlschrank über die Eismaschine, dem legendären „StarMix“ über die Milchbecher bis hin zum Joghurtlöffel. „Alles aus einer Hand“ war damals schon eine sehr erfolgreiche Geschäftsidee.   

Wie kommt man aber nun gerade auf einen Pilz? Eigentlich eine verrückte Idee! Neben seinen Fähigkeiten als unerschöpflicher Ideenproduzent und als Organisationsgenie war Anton Waldner auch ein ausgezeichneter Marketingfachmann – selbst wenn man das damals noch nicht so nannte. Das neue Produkt sollte einen hohen Wiedererkennungswert haben, daneben Hygiene und Frische der Produkte gewährleisten und ausstrahlen – ein Konzept also mit Hand und Fuß! Mit der Pilzform wurde ein auffälliges und einprägsames Erscheinungsbild mit hohem Signalcharakter geschaffen. Wie die Geschichte beweist, war Waldner damit wieder einmal seiner Zeit voraus. Schaut man sich die heutigen Fast-Food-Ketten an, erkennt man das gleiche Prinzip. McDonalds beispielsweise wurde aber erst 1955 gegründet. Auch die Presse widmete sich dieser Geschäftsidee. Im „Stern“ oder im „Erfolg“ wurde der Milchpilz begeistert kommentiert. Aber nicht überall stieß der Waldner Milchpilz auf Gegenliebe. Es gab auch Kritiker, in erste Linie bei Behörden, die die Aufstellung eines Verkaufshäuschens genehmigen mussten. Die Württembergische Landesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege in Ludwigsburg schickte am 12.08.1952 an die Geschäftsleitung einen Brief: „Die Gestaltung ihrer Milchhäuschen halte ich für völlig abwegig. Die Ablehnung dieses Bauwerks, das besser nach Amerika passen würde, durch die Bauämter ist in Ordnung. Ich glaube nicht, dass es eines Milchpilzes bedarf, um die Milchgetränke populär zu machen. Zuverlässige Bedienung und niedrige Preise werden mehr dazu beitragen als geschmacklose Reklame. Hochachtungsvoll“. Na, wenn da mal die Milch nicht sauer geworden ist!  

Doch in den meisten Fällen waren die Pilze beliebt. Die Betreiberin eines Milchpilzes in Kaiserslautern schrieb in der Tageszeitung „Rheinpfalz“: „Wenn's arg heiß war, brachten die Stammkunden gleich Eis und Schüsseln mit, die Streifenpolizisten aus der Gaustraße kamen – für Kaffee und Brötchen – immer morgens hintenrum“. Längst hat der Milchpilz Kultstatus erreicht, und auch über 50 Jahre danach hat er immer noch zahlreiche Fans. So soll auch auf dem Gelände der Landesgartenschau, die 2024 in Wangen stattfinden wird, der eine oder andere Milchpilz sprießen. Lassen Sie sich überraschen. 

1 Kommentare zu diesem Artikel

Elsener Albert
09. Juli 2023 um 00:03

Mein Vater hatte damals den Milchpilz bei Ihnen gekauft der dann über Jahrzehnte in Hunzenschwil (Aargau - Schweiz) stand. Die Idee war eine Verbreitung über das damals erst noch in Planung und Bau stehende Autobahnnetz der Schweiz. Doch es musste dann bei diesem einen Stellplatz bleiben, die Hürden waren zu hoch. In der Folge ging der Milchpilz darum in andere Hände über und entwickelte sich eher in eine profane Kiosk-Richtung weiter. Ich habe dort in den Jahren 1970 bis ca. 1985 oft zwischen 06.00h und 06.30 auf der Durchreise als Geschäftsmann meinen Morgenkaffee + Gipfeli zu mir genommen. Als Bub verbrachte ich über Jahre mehrheitlich die Sonntage mit den Eltern beim Milchpilz. Ihr Tea Room und Ladengeschäft in der Zürcher City war dann geschlossen und die Eltern arbeiteten dann quasi als Personalablösung im Milchpilz....!
Durch einen Artikel in der Aargauer Zeitung bin ich auf das alte Thema gestossen und habe den Weg zu dieser Website gefunden.

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