Ein Gastbeitrag von Prof. Matthias Held, Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd

Design for Future

Wie sollen Schulmöbel der Zukunft aussehen, damit diese nicht nur Design-Ansprüchen genügen? Schulmöbel sollten vielmehr ökologisch nachhaltig, gesundheitlich unbedenklich und innovativ sein. Wie das zusammen gelingen kann, hat Hohenloher gemeinsam mit der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd überlegt und umgesetzt.

 

Schulmöbel im Ecodesign

Der Ressourcen- und Energieverbrauch von Produkten wird größtenteils bereits in der Designphase festgelegt: Welche sind die eingesetzten Materialien, wie können sie getrennt und recycelt werden, wie effizient arbeitet das Produkt und wie lange ist seine Lebensdauer? Ferner kann die Gestaltung intelligenter Serviceleistungen nach dem Prinzip „nutzen statt besitzen“ den Erwerb von Produkten überflüssig machen. Design scheint demnach für eine nachhaltige Entwicklung eine wichtige Rolle zu spielen – oder zumindest spielen zu können.  

Mehr in die Zukunft denken  

„Es gibt Berufe, die mehr Schaden anrichten als der des Industriedesigners, aber viele sind es nicht.“ Mit diesem sicherlich bewusst provozierenden Satz eröffnet Victor Papanek Anfang der 70er-Jahre sein Buch „Design for the real world“. Er kritisiert darin die Rolle des Designs – und damit seiner eigenen Zunft – als bloßes Mittel zur Verkaufsförderung von überflüssigen oder sogar gefährlichen Produkten ohne den Anspruch einer Verbesserung, aber mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Industriedesign helfe dabei, so Papanek weiter, die Menschen dazu zu bringen, „Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen, mit Geld, das sie nicht haben, um andere zu beeindrucken, denen das gleichgültig ist.“ Papaneks Buch erscheint ein Jahr vor dem Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ und fällt damit in die Zeit eines erwachenden Umweltbewusstseins. Seit dieser Zeit hat sich unsere Welt drastisch gewandelt. Doch obwohl auf vielen Gebieten Fortschritte erzielt wurden, ist das Problem unserer Lebensweise zu Lasten kommender Generationen noch immer ungelöst, so dass es unsere Kinder vor Sorge auf die Straße treibt.  

Design kann Probleme unserer Zeit lösen  

Und auch das Design steht noch immer am Scheideweg: Einerseits liefert es noch willig oberflächliche Kosmetik und modische Variation zur Steigerung des Absatzes, andererseits gibt es schon Beiträge des Designs zu drängenden Problemen unserer Zeit, darunter auch zur Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Viele Unternehmen haben die Bedeutung einer Nachhaltigkeitsstrategie bereits erkannt.  

Die Entwicklung nachhaltiger Produkte ist angesichts von Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit nicht nur aus ökologischen Motiven geboten. Produkte, die ohne Rücksicht auf diesen Aspekt gestaltet und produziert werden, laufen schon bald Gefahr, unverkäuflich zu werden - sei es durch verschärfte Normen, gestiegene Ressourcenpreise oder geändertes Kaufverhalten. Sich als Unternehmen entsprechend auszurichten, wird also auch zu einer ökonomischen Notwendigkeit. Doch ökologischere Alternativen haben sich noch immer nicht auf breiter Front durchgesetzt - weder bei Anbietern noch bei Kunden.  

Forschungs- und Entwicklungsprojekte übernehmen Sensibilisierung 

Zusätzliche Maßnahmen sind daher erforderlich, Unternehmen auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit zu unterstützen und gleichzeitig Kunden zu sensibilisieren und die Nachfrage entsprechender Produkte zu stärken.  

Der Bundespreis Ecodesign z. B. hat sich als Designpreis mit konsequent ökologischer Ausrichtung in kurzer Zeit etabliert. Er verschafft Unternehmen, die ihr Produktprogramm nachhaltig ausrichten, und Studierenden, die sich in ihren Projekten mit Fragen der Nachhaltigkeit auseinandersetzen, Sichtbarkeit und bestätigt sie in ihrem Tun.  

Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Verbund von Hochschulen mit der Wirtschaft. Zusammen mit Hohenloher hat die Hochschule für Gestaltung (HfG) Schwäbisch Gmünd hier das Forschungsprojekt “Nachhaltige Raumausstattung am Beispiel Schulmöbel“ eingereicht, war erfolgreich und wurde entsprechend gefördert.  

Ein Ziel unseres gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsvorhabens war die exemplarische Gestaltung innovativer Schulmöbel, die sich an den Prinzipien ökologischer Nachhaltigkeit, gesundheitlicher Unbedenklichkeit sowie an neuen Lehr- und Lernformen und den geänderten räumlichen Anforderungen an Schulen orientiert. Weitere Projektpartner waren das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, die Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd und die Stadt Ludwigsburg als potentieller Nutzer und Kunde, um die Nutzerperspektive früh in die Entwicklung einfließen zu lassen. 

Ökologisches Möbel für ungenutzte Bereiche 

Der Innovationsgehalt unseres Projektes bestand insbesondere in der Verschränkung der ökologischen, gesundheitlichen und praktischen Anforderungen in eine integrierte Lösung für ein Schulmöbel. Zugleich wird von einer breiten Transferierbarkeit der ökologischen und gesundheitlichen Befunde auf vielfältige weitere Raum- und Möbeltypen ausgegangen.  

Entwickelt wurde eine Möbelkollektion speziell für den Flurbereich, die den dort geltenden erhöhten Anforderungen an den Brandschutz (DIN 4102 B1) genüge tut. Sogar in Klassenräumen, Aula, Mensa oder anderen Bereichen ist das multifunktionale Mobiliar einsetzbar und schafft Zonen für Konzentration und Kollaboration. Ferner haben die Möbel durch Vliesauflagen eine schallabsorbierende Wirkung, die die Nachhallzeit reduziert. Dadurch können bislang meist gar nicht oder schlecht genutzte Zonen erschlossen werden, was dem stark erhöhten Flächenbedarf der Schulen Rechnung trägt.  

Alle Komponenten der Kollektion sind auf Langlebigkeit ausgelegt und durch Schraubverbindungen einfach zu ersetzen bzw. zu reparieren. Die Materialien sind dadurch am Ende des Produktlebens auch problemlos sortenrein zu trennen. Das eingesetzte Vlies hat einen hohen Rezyklat-Anteil und kann seinerseits wieder recycelt werden. Die Möbel haben die Experten bei Hohenloher technisch konstruktiv auf die Produktion im Haus angepasst und prototypisch umgesetzt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen – die Projektpartner der Stadt Ludwigburg waren beeindruckt. 

Nachhaltigkeitskriterien in Ausschreibungen etablieren 

Doch nachhaltige Angebote können nur dann Wirkung entfalten, wenn sie von den Verbrauchern als solche nicht nur erkannt, sondern auch tatsächlich bevorzugt gekauft werden. Die öffentliche Hand spielt als Auftraggeber bei Schulmöbeln eine entscheidende Rolle. Nachhaltigkeitskriterien werden jedoch noch immer zu selten in Ausschreibungen festgelegt, die dann meist nach monetären Gesichtspunkten entschieden werden.  

Ein zweites Ziel des Forschungsprojektes war es daher, Nachhaltigkeitskriterien im Rahmen von Ausschreibungen als Kriterium stärker zu etablieren und so einen Market-Pull zu generieren. Zu diesem Zweck wurde von der HfG in Zusammenarbeit mit dem Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg ein Leitfaden für das Beschaffungswesen entwickelt. Die Broschüre "Öffentliche Beschaffung nachhaltiger Raumausstattung für Schulen" wird im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg als Teil der Reihe "Nachhaltig handeln" herausgegeben und soll die beschaffenden Stellen unterstützen. 

Unser Forschungsprojekt hat seine Ziele erreicht. Es hat gezeigt was möglich ist, wenn sich Unternehmen, Hochschulen und Kommunen zusammentun, um komplexe Problematiken anzugehen und ganz konkrete Lösungen zu entwickeln. Es hat aber auch bei allen Beteiligten zur Kompetenzentwicklung im Ecodesign beigetragen. Dieses Wissen kann nun zukünftig für weitere Projekte eingesetzt werden und ist damit auch eine Investition in die Zukunft. 

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